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6.

Die heilige Firmung

die große Konfirmation

 

Es gibt zwei Arten der Konfirmation. Man könnte sie als „kleine“ und als „große“ Konfirmation bezeichnen. Klein - jedenfalls im Vergleich zur anderen Konfirmation - ist die normale evangelische Konfirmation. Was sie eigentlich bedeutet, ist umstritten. Manche Pastoren sehen in ihr nichts anderes als einen feierlichen Abschlußgottesdienst nach ein bis zwei Jahren Konfirmandenunterricht. Andere vertreten den Standpunkt, daß sich die Konfirmanden im Konfirmationsgottesdienst zu ihrer Taufe bekennen sollen. Wieder andere sagen, es geht um einen Segen: Die Konfirmanden sollen durch einen besonderen Segen für ihren Glaubenskampf gestärkt und mit der Kraft des Heiligen Geistes ausgerüstet werden. Dies ist auch meine Meinung; und ich glaube, daß auch die evangelische Konfirmation Großes bewirken kann.

Die andere Konfirmation ist allerdings noch größer. Sie vermittelt nicht nur die Kraft des Heiligen Geistes, sondern den Heiligen Geist selber. Durch die große Konfirmation wohnt der Heilige Geist für alle Zeit bleibend in unserem Herzen. Und wo der Heilige Geist wohnt, ist die ganze Heilige Dreifaltigkeit in uns gegenwärtig. Man kann also sagen: Durch die „große“ Konfirmation wohnt Gott in uns - der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Die große Konfirmation ist etwas so Gewaltiges, daß man es kaum begreifen und nur schwer glauben kann. Es handelt sich aber um eine Glaubenswahrheit, die in der Bibel gut bezeugt ist!

Hier möchte ich zunächst nur auf die folgende Bibelstelle hinweisen:

Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?
(1.Kor 3,16)

Wie kann ein Mensch zum Tempel Gottes werden? Das ist auf verschiedene Weise möglich, der sicherste Weg ist jedoch die „große“ Konfirmation.

Wenn ich von einer „großen“ Konfirmation rede, so meine ich jenes Sakrament, das die Katholiken als „Firmung“ bezeichnen. Es handelt  sich dabei jedoch nicht um eine katholische Besonderheit, sondern um ein Sakrament, das - wie schon gesagt - bereits in der Bibel bezeugt ist und schon in der alten Kirche gefeiert wurde. Deshalb könnte man dieses Sakrament auch als „biblische Konfirmation“ bezeichnen. Ich will allerdings keinen neuen Namen einführen und spreche im folgenden - wie allgemein üblich - von der „heiligen Firmung“. Ich lege aber Wert auf die Feststellung, daß die Firmung keine speziell katholische Angelegenheit ist, sondern eine gute biblische Segenshandlung, auf die sich auch die evangelische Kirche zurückbesinnen sollte.

Bei der heiligen Firmung legt der Bischof den Gemeindegliedern die Hand auf den Kopf und spricht dabei ein Gebet um den Heiligen Geist. Danach salbt der Bischof die Stirn des Firmlings mit heiligem Chrisamöl und spricht dabei die folgenden Worte:

Ich besiegle dich mit dem Siegel des Kreuzes und stärke dich mit dem Chrisam des Heiles im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Oder er sagt nur kurz:

Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist.

Es ist meine feste Überzeugung, daß von der heiligen Firmung eine große Kraft ausgeht, auf die ein evangelischer Christ nicht verzichten sollte. In diesem Aufsatz möchte ich diese große, heilige, biblische Konfirmation so einfach und allgemeinverständlich erklären, wie es mir möglich ist. Den theologisch anspruchsvolleren Leser weise ich hin auf mein ausführliches Buch „Die bischöfliche Konfirmation“.

 

Handauflegung und Salbung

Ähnlich wie das Abendmahl besteht auch die Firmung aus zwei verschiedenen Teilen. Beim Abendmahl geht es um Brot und Wein. Über beides wird ein gemeinsames, zweiteiliges Dank- und Segensgebet gesprochen, beide Elemente werden gleich nacheinander gewandelt und ausgeteilt. So geschieht es jedenfalls in unseren Gottesdiensten. Die biblischen Einsetzungsberichte weichen davon eine Kleinigkeit ab und machen es noch etwas deutlicher, daß es sich um zwei verschiedene, parallele Handlungen handelt. So hat Jesus nach der Bibel zunächst nur das Brot geweiht und verteilt. Danach hat er auch den Kelch mit einem Dankesgebet gesegnet und in die Runde gegeben. So berichtet es beispielsweise das Markusevangelium:

Und indem sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s ihnen und sprach: Nehmet; das ist mein Leib. Und nahm den Kelch und dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus.
(Mk 14,22+23)

Das Abendmahl besteht also aus zwei Teilen, und ähnlich besteht auch die Firmung aus zwei verschiedenen Handlungen: aus der Handauflegung und der Salbung.

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Die wichtigste Stelle zur Handauflegung steht in der Apostelgeschichte: Der Diakon Philippus konnte gut predigen. Hinzu kam, daß Gott seine Predigten auch noch durch Wunder beglaubigt hat. So kam es, daß sich die ganze Stadt Samaria zum christlichen Glauben bekehrt hat und sich taufen ließ. Zur Bekehrung und Taufe gehörte aber auch eine segnende Handauflegung. Lukas schreibt:

Als aber die Apostel hörten zu Jerusalem, daß Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, sandten sie zu ihnen Petrus und Johannes. Die kamen hinab und beteten für sie, daß sie den heiligen Geist empfingen. Denn er war noch auf keinen von ihnen gefallen, sondern sie waren allein getauft auf den Namen des Herrn Jesus. Da legten sie die Hände auf sie, und sie empfingen den heiligen Geist.
(AG 8,14-17)

Philippus hat, wie gesagt, sehr gut gepredigt, und getauft hat er auch. Zur geistvermittelnden Handauflegung fehlte ihm aber allem Anschein nach die Vollmacht. Dazu mußten die Apostel von Jerusalem anreisen. Später waren es die Bischöfe, die als Nachfolger der Apostel die Vollmacht zu jener Handauflegung hatten, durch die mit Sicherheit der Heilige Geist vermittelt wird.

An anderer Stelle berichtet uns die Apostelgeschichte eine ähnliche Begebenheit. Es gab damals einen wortgewaltigen christlichen Prediger mit Namen Apollos, der aber im Hinblick auf Taufe und Firmung nicht ausreichend Bescheid wußte. So kam es, daß Paulus eines Tages eine Gruppe von Männern traf, die zwar von Apollos bekehrt, aber nicht richtig getauft und erst recht nicht gefirmt worden waren. Lukas schreibt:

Es geschah aber, als Apollos zu Korinth war, daß Paulus durchwanderte das obere Land und kam nach Ephesus und fand etliche Jünger (des Apollos); zu denen sprach er: Habt ihr den heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet? Sie sprachen zu ihm: Wir haben noch nie gehört, daß ein heiliger Geist ist. Und er sprach zu ihnen: Worauf seid ihr dann getauft? Sie sprachen: Auf des Johannes Taufe. Paulus aber sprach: Johannes hat getauft mit der Taufe der Buße und sagte dem Volk, daß sie sollten glauben an den, der nach ihm kommen sollte, das ist an Jesus. Da sie das hörten, ließen sie sich taufen auf den Namen des Herrn Jesus. Und da Paulus die Hände auf sie legte, kam der heilige Geist auf sie, und sie redeten in Zungen und weissagten.
(AG 19,1-6)

Daß die gerade gefirmten Männer „in Zungen redeten und weissagten“, ist eine Besonderheit dieser Geschichte, auf die ich später noch einmal zurückkommen möchte. An dieser Stelle ist zunächst nur wichtig, daß die Jünger des Apollos durch die Handauflegung des Paulus genauso den Heiligen Geist empfangen haben wie die Christen in Samaria durch die Handauflegung des Petrus und Johannes.

Im Hebräerbrief wird die zur Firmung gehörende Handauflegung dann noch ein drittes Mal erwähnt. Der Verfasser dieses Briefes zählt eine Reihe von Lehrstücken auf, die zum Anfangsglauben eines Christen gehören; dabei rechnet er auch die Handauflegung nach der Taufe zu den Dingen, die allen Christen wohlbekannt sein sollten:

... wir wollen jetzt lassen, was im Anfang über Christus zu sagen ist, und uns zum Vollkommenen wenden; wir wollen nicht abermals Grund legen mit der Lehre vom Abtun der toten Werke, vom Glauben an Gott, vom Taufen, vom Händeauflegen, von der Toten Auferstehung und vom ewigen Gericht.
(Hebr 6,1+2)

Es ist klar, daß hier nur die Handauflegung gemeint sein kann, die damals jeder Christ nach der Taufe bei der heiligen Firmung erhielt und durch die der Heilige Geist in ihm Wohnung  genommen hat.

Nun wird jeder interessierte Christ es bedauern, daß die Bibel die Firmung einfach als bekannt voraussetzt und nicht deutlicher und ausführlicher über alle Einzelheiten berichtet. Aber so weit äußert sich die Bibel doch klar: Es gibt eine Handauflegung nach der Taufe, durch die der Heilige Geist vermittelt wird. Die Vollmacht zu dieser Handauflegung hatten zunächst nur die Apostel.

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Ähnlich kurz und knapp sind die Hinweise der Bibel zur Firmsalbung. Im 1. Johannesbrief geht es um eine Auseinandersetzung mit einigen Irrlehrern, die Johannes scharf als „Antichristen“ bezeichnet. Gegen deren Irrlehre empfiehlt der Apostel eine zweifache Abwehr: Erstens sollten sich die angefochtenen Christen immer daran erinnern, was die Apostel ihnen  von Anfang an verkündigt haben; und zweitens sollten sie sich ihrer Salbung bewußt sein, die ihnen zum rechten Durchblick in allen Streitfragen verhilft. Johannes schreibt:

... ihr habt die Salbung von dem, der heilig ist, und habt alle das Wissen ... Was ihr gehört habt von Anfang, das bleibe in euch ...  Solches habe ich euch geschrieben von denen, die euch verführen. Und die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr bedürfet nicht, daß euch jemand lehre; sondern wie euch die Salbung alles lehrt, so ist’s wahr und ist keine Lüge, und wie sie euch gelehrt hat, so bleibet in ihm.
(1.Joh 2,20-27)

Was ist das für eine Salbung, die dreimal als Schutz gegen die Irrlehre erwähnt wird und von der Johannes schreibt, daß sie lehrt? Es gibt nur eine vernünftige Antwort: Hier bezeugt die Bibel die glaubensstärkende Firmsalbung. Ihre dreimalige Erwähnung nacheinander zeigt, daß es sich um eine ganz wichtige Salbung handeln muß.

Es gibt noch eine andere Bibelstelle zur Firmsalbung. Im 2. Korintherbrief verteidigt sich der Apostel Paulus gegen den Vorwurf, er sei unzuverlässig. Gegen diesen Vorwurf wehrt er sich mit dem Argument - ich sage es mit meinen Worten: ein gläubiger Christ kann und darf nicht unzuverlässig sein, denn er ist gefirmt. Paulus schreibt:

Gott ist’s aber, der uns befestigt samt euch in Christus und uns gesalbt und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.
(2.Kor 1,21+22)

Hier wird neben anderen Stichworten eine Salbung erwähnt; erwähnt wird auch der Heilige Geist. Beides paßt zusammen, wenn es sich um die geistvermittelnde Firmsalbung handelt. Und noch ein Stichwort paßt dazu: „befestigt“ - auf Lateinisch „confirmat“ - hier ist von einer Konfirmation die Rede! Und schließlich paßt auch noch das Wort „versiegelt“ dazu. Wir sahen ja schon, daß eine der heute gebräuchlichen Firmformeln lautet: „Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist.“

Es ist ganz klar: Mit vier verschiedenen Stichworten verweist Paulus auf die heilige Firmung, wobei für uns das „gesalbt“ das wichtigste Stichwort ist.

Auch hier kann man bedauern, daß Paulus uns keine weiteren Einzelheiten mitteilt. Immerhin so viel ist klar: Die Bibel bezeugt uns eine geistvermittelnde Handauflegung und eine glaubensstärkende und lehrende Salbung. Daß beides zusammengehört, zeigt uns die Tradition der alten Kirche. Damit wollen wir uns jetzt im nächsten Kapitel befassen.

 

Die Tradition der alten Kirche

Die älteste Beschreibung einer urchristlichen Firmung stammt von dem römischen Bischof Hippolyt. In seiner um 215 verfaßten Kirchenordnung beschreibt er zunächst die Taufe, die damals in der Regel in einem Fluß oder einem See stattfand und vom Bischof selbst oder von einem Priester vollzogen wurde. Zur Firmung leitet Hippolyt dann mit folgenden Worten über:

Ein jeder soll sich abtrocknen und wieder ankleiden. Dann sollen sie in die Kirche gehen.
(TA 46,5)

Die Taufe fand also draußen im Freien statt, sie konnte auch durch einen Priester vollzogen werden. Die heilige Firmung sollte dagegen in der Kirche und von einem Bischof vorgenommen werden. Hippolyt schreibt:

Der Bischof jedoch soll ihnen die Hand auflegen und Gott mit folgendem Gebet anrufen: „Herr Gott, der Du diese gewürdigt hast, durch das Bad der Wiedergeburt Vergebung der Sünden zu erlangen, mache sie auch würdig, mit Heiligem Geist erfüllt zu werden. Sende in sie Deine Gnade, daß sie Dir dienen nach Deinem Willen! Denn Dir gebührt Ruhm, dem Vater und dem Sohne mit dem Heiligem Geiste, in der heiligen Kirche sowohl jetzt wie in alle Ewigkeit. Amen.“ Danach gieße er das geweihte Öl in die Hand und lege sie (jeweils) auf das Haupt (eines Täuflings) und spreche: „Ich salbe dich mit heiligem Öle in dem Herrn, dem allmächtigen Vater, in Christus Jesus und im Heiligem Geist!“ Und nachdem er ihm die Stirn versiegelt hat, soll er ihm einen Kuß geben und sagen: „Der Herr sei mit dir!“ Und der Versiegelte soll sagen: „Und mit deinem Geiste!“ So tue er (der Bischof es mit jedem) einzelnen.
(TA 46,6+7)

Nach dieser alten Kirchenordnung ist es klar: Die heilige Firmung besteht aus einer bischöflichen Handauflegung mit dem dazugehörigen Gebet um den Heiligen Geist und aus einer Salbung des Hauptes und der Stirn.

Wie bei Paulus wird auch hier die Salbung oder die gesamte Firmung als Versiegelung bezeichnet. Wozu die Salbung gut ist, wird bei Hippolyt nicht gesagt. In diesem Fall ist die Bibel genauer als die Überlieferung. Nach 2.Kor 1,21+22 geht es auch bei der Salbung um den Heiligen Geist.

Der Kuß mit dem kurzen Abschlußgruß („Der Herr sei mit dir - und mit deinem Geiste“) wird in der Bibel nicht erwähnt und ist offensichtlich weniger wichtig.

Ich fasse zusammen: Nach alter kirchlicher Überlieferung gehört zur Taufe auch die Firmung. Die Firmung besteht im Wesentlichen aus einer Handauflegung mit dem Gebet um den Heiligen Geist und einer Salbung, die nach der Bibel ebenfalls den Heiligen Geist vermittelt.

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Nun ist vielleicht jemand skeptisch und sagt: Ich glaube nur an die Bibel, sie ist Gottes Wort. Dagegen ist die kirchliche Überlieferung eine rein menschliche Angelegenheit. Sie könnte Irrtümer, vielleicht sogar absichtliche Fälschungen enthalten. Darum werde ich mich niemals auf die kirchliche Überlieferung verlassen. Und die wenigen Andeutungen der Bibel reichen mir nicht aus.

Darauf ist folgendes zu antworten: Mit der Firmung verhält es sich genauso wie mit der Taufe. Auch zur Taufe macht die Bibel nur sehr knappe Aussagen. Wie genau muß die Taufe vollzogen werden? Müssen die Täuflinge untergetaucht werden, oder genügt etwas Wasser auf den Kopf? Wie oft müssen die Täuflinge untergetaucht oder mit Wasser begossen werden? Einmal, weil es ja nur einen Gott gibt? Dreimal wegen der Dreifaltigkeit? Oder siebenmal nach dem typologischen Vorbild des Naeman, der durch siebenmaliges Untertauchen im Jordan rein wurde vom Aussatz (2.Kg 5,14)? Ist bei der Taufe ein bestimmtes Gebet zu sprechen oder eine bestimmte Formel? Muß das Wasser geweiht sein? Wer hat die Vollmacht zur Taufe, jeder Christ oder nur der Pastor? Müssen der Taufende und der Täufling gläubig sein, damit die Taufe gültig ist? Darf man kleine Kinder taufen?

Auf alle diese Fragen gibt uns die Bibel keine Antwort. Unser Vollzug der Taufe beruht daher auf dem Vorbild der alten Kirche!

Wenn nun jemand fragt, ob wir der alten Kirche so weit vertrauen dürfen, daß wir uns in Sakramentsfragen nach ihrem Vorbild richten, ist mit einem entschiedenen Ja! zu antworten. Aus den Händen der alten Kirche haben wir doch auch die Bibel - zumindest das Neue Testament! Unzählige Märtyrer haben ihr Blut für die Wahrheit der Bibel vergossen - aber auch für die anderen Wahrheiten der urchristlich-apostolischen Lehre. Es wäre inkonsequent, sich bei der Bibel und der Taufe auf die alte Kirche zu verlassen, dies aber bei der Firmung abzulehnen. Dabei hilft uns die Praxis der alten Kirche ja eigentlich nur, die Bibel besser zu verstehen. Das gilt für die Taufe wie für die Firmung - und übrigens auch für das Abendmahl.

Auch beim Abendmahl sind die Angaben der Bibel so knapp, daß man zur Ergänzung die kirchliche Überlieferung befragen muß. Welches Getränk sollte im Kelch sein? Rotwein, Weißwein oder Saft? Oder ein Gemisch aus Wein und Wasser? Und wer hat die Vollmacht zum Wandlungssegen, nur der Pastor oder jedes Gemeindeglied? Muß der Pastor gläubig sein, wenn ein gültiges Abendmahl zustande kommen soll?

Man kann der Überlieferung der alten Kirche gar nicht genug dankbar sein, daß sie alle diese Fragen beantwortet und auch in anderen Sakramentsfragen manche Lücke schließt, die die Bibel leider offen läßt.

Was also die Firmung angeht, so bezeugt die Kirchenordnung des Hippolyt, daß die geistvermittelnde Handauflegung und die lehrende Salbung zusammen gehören. Sie sind die zwei Teile des einen, heiligen Firmsakraments.

 

Die Werke des Heiligen Geistes

Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, daß die Firmung den Heiligen Geist gibt. Das möchte ich jetzt etwas ausführlicher darlegen. Jesus hat mit feierlichen Worten versprochen, daß, wer an ihn glaubt, in besonderer Weise mit dem Heiligen Geist erfüllt werden würde:

Am letzten Tage des Festes, welcher der höchste war, trat Jesus auf, rief und sprach: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.
(Joh 7,37+38)

Diesen großen Worten hat der Evangelist Johannes die Erklärung hinzugefügt:

Das sagte er aber von dem Geist, welchen empfangen sollten, die an ihn glaubten, denn der Geist war noch nicht da, denn Jesus war noch nicht verherrlicht.
(Joh 7,39)

Die große Geistausgießung, die Jesus in Aussicht gestellt hat, ist also nach seiner Verherrlichung - das heißt: nach seiner Himmelfahrt - erfolgt. Gemeint ist offenbar die Geistausgießung am Pfingstfest.

Nun gibt es hier eine Verständnisschwierigkeit. Warum erklärt Johannes, daß der Geist vor Pfingsten „noch nicht da“ gewesen sei? Die Bibel berichtet ja schon im Alten Testament von einer Reihe von Geistausgießungen. Um nur zwei Beispiele anzuführen: In 4.Mose 11,24-30 wird der Geist Gottes über die siebzig Ältesten ausgegossen, unter ähnlichen Begleiterscheinungen wie beim späteren Pfingstfest. Und in 1.Sam 16,13 wird von der besonders wichtigen Geisterfüllung des David berichtet. Wieso also erklärt Johannes, der Geist sei vor Pfingsten noch nicht dagewesen?

Man kann diese Schwierigkeit leicht lösen, wenn man zwischen der Kraft und der Person des Heiligen Geistes unterscheidet. So wie die Bibel Jesus einerseits als wirklichen Menschen schildert, der Hunger hatte, geweint hat und sterben mußte, und wie sie ihn andererseits als ewigen Gott bezeugt, der alle Dinge geschaffen hat und nach seinem Tod aus eigener Kraft wieder auferstanden ist (Joh 1,3 / 10,18), so bezeugt sie auch, daß der Heilige Geist einerseits eine göttliche Kraft ist, andererseits aber auch eine ewige, göttliche Person.

Daß der Heilige Geist eine Kraft ist, ergibt sich klar aus dem Folgenden: Gelegentlich sagt die Bibel von einem Menschen, er sei „voll des Heiligen Geistes“ (Lk 1,41 / AG 2,4 / 4,8+31 / 6,5 / 7,55 / 13,9). Aus der Tatsache, daß dies immer wieder einmal als Besonderheit erwähnt wird, kann man den Schluß ziehen, daß dies keineswegs der Normalfall ist. Das heißt: Ein  Christ ist nicht automatisch „voll“ Heiligen Geistes. Normalerweise sind wir wohl nur „halb-“ oder „viertelvoll“. Das bedeutet: Der Heilige Geist ist bei verschiedenen Menschen mit verschieden großer Kraft wirksam. Selbstverständlich kann Gott die Kraft seines Geistes in uns vermehren; dann wird unser Glaube größer, unsere Sündenerkenntnis tiefer und unser Gebetsleben inniger. Das heißt: Es kann in uns eine größere oder kleinere Kraft des Heiligen Geistes wohnen. Und: es kann zu einer Kraft noch eine weitere hinzukommen.

An anderen Stellen der Bibel wird uns der Geist jedoch als Person vor Augen gestellt. Die Apostelgeschichte berichtet, wie die Eheleute Ananias und Saphira eine heuchlerische Spende machen. Petrus durchschaut jedoch die Angelegenheit und sagt zu dem Mann:

Ananias, warum hat der Satan dein Herz erfüllt, daß du den heiligen Geist belögest ... Du hast nicht Menschen, sondern Gott belogen.
(AG 5,3+4)

Belügen kann man nur eine Person, nicht eine Kraft oder Sache. Hier wird sogar in Parallele zu Gott gesagt, daß Ananias den göttlichen Geist belogen hat. Daraus ergibt sich: Der Heilige Geist ist eine göttliche Person, er ist also Gott.

An anderer Stelle berichtet die Apostelgeschichte, daß der Heilige Geist wie eine Person handelnd eingegriffen und sich den Plänen des Paulus und seiner Gefährten widersetzt hat:

Als sie aber kamen bis nach Mysien, versuchten sie, nach Bithynien zu reisen; und der Geist Jesu ließ es ihnen nicht zu. Da zogen sie an Mysien vorüber und kamen hinab nach Troas.
(AG 16,7+8)

Im 1. Korintherbrief werden die Christen als Tempel des Heiligen Geistes bezeichnet:

Wisset ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist, der in euch ist, welchen ihr habt von Gott, und seid nicht euer eigen?
(1.Kor 6,19)

Ein Tempel ist ja das Haus einer Gottheit. Das heißt: Auch diese Stelle bezeugt, daß der Heilige Geist Gott ist - göttliche Person.

 Im  2. Korintherbrief wird der Heilige Geist als „Herr“ bezeichnet:

Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.
(2.Kor 3,17)

Das Wort „Herr“ bezeichnet ja ganz deutlich eine Person, nicht eine Sache. Also wird auch hier der göttliche Geist als Person bezeugt - als göttliche Person, also als Gott.

Ich breche hier ab, obwohl es noch viele andere Stellen gibt, wo die Bibel den Heiligen Geist also Person bezeugt.

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Wenn es nun klar ist, daß der Heilige Geist einerseits eine göttliche Kraft ist, die von Gott in größerer oder geringerer Fülle ausgeteilt wird, daß der Heilige Geist andererseits aber auch eine göttliche Person ist, dann ist es leicht zu erklären, warum Johannes sagt: „Der Geist war noch nicht da.“

Bei den Geistausgießungen vor dem Pfingstfest hat Gott offenbar nur eine mehr oder wenige große Kraft seines Geistes auf die Menschen ausgegossen, am ersten christlichen Pfingstfest ist der Heilige Geist dagegen als „Tröster“, als göttliche Person, zu den Christen gekommen - wie Jesus es vorher seinen Jüngern angekündet hatte:

Und ich will den Vater bitten, und er wird euch einen andern Tröster geben, daß er bei euch sei ewiglich: den Geist der Wahrheit, welchen die Welt nicht kann empfangen, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr aber kennet ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.
(Joh 14,16+17)

Insgesamt viermal nennt Jesus den Heiligen Geist im Johannesevangelium einen „Tröster“ - so steht es jedenfalls in der Lutherbibel (Joh 14, 16+26 / 15,26 / 16,7). Wörtlich übersetzt ist viermal von einem „Beistand“ die Rede. Dabei kann man gut an einen hilfreichen Rechtanwalt denken. Jedenfalls ist damit eine Person gemeint.

Diesen Tröster hat Jesus seiner Kirche also, wie versprochen, am heiligen Pfingstfest geschickt. Er hat den Tröster allerdings nicht nur den allerersten Christen in Aussicht gestellt, sondern allen, die in rechter Weise an ihn glauben. Wann ist also der Heilige Geist in seiner ganzen personalen Fülle zu den übrigen Christen gekommen? Die Antwort der Apostelgeschichte lautet: Das, was für die allerersten Christen das Pfingstfest war, hat sich bei den späteren Christen wiederholt, wenn die Apostel ihnen segnend die Hände aufgelegt und dabei um die Herabkunft des Heiligen Geistes gebetet haben (AG 8,14-18 / 19,6 / vgl Hebr 6,2).

Wie kann nun aber der moderne Christ den versprochenen Tröstergeist bekommen? Darauf lautet die Antwort: Wir können den Heiligen Geist in seiner göttlichen Person durch die heilige Firmung bekommen. Was für die Urkirche das erste große Pfingstfest war, ist für uns das Sakrament der Firmung.

Hier erhebt sich nun ein neues Problem. Wenn die moderne Firmung das Pfingstfest des heutigen Christen sein soll, warum ereignen sich denn bei unserem Pfingstfest nicht die gleichen charismatischen Phänomene wie damals: Sturmesbrausen, Feuerflammen und Zungenrede? Auch bei der Firmung der Apollosjünger hören wir von solchen Dingen: „sie redeten in Zungen und weissagten.“ Aber schon bei Hippolyt ist von solchen Ereignissen nicht mehr die Rede, geschweige denn bei den heutigen Firmungen.

Die Antwort auf diese Frage lautet: Der Heilige Geist ist in gewisser Hinsicht wie die Sonne: Im Frühjahr läßt die Sonne zuerst Schneeglöckchen aus der Erde wachsen, später sind es Narzissen, Osterglocken und Tulpen. Im Sommer läßt sie Dahlien, Rosen und viele andere Blumen wachsen. Im Herbst sind es Chrysanthemen und andere. Nun sollte man nicht im Sommer Schneeglöckchen erwarten oder Chrysanthemen.

So ist es auch mit manchen Werken des Heiligen Geistes. Am Anfang hat er die kleine Urkirche durch viel Mut, begeisterte Zungenrede und hilfreiche Prophetie gestärkt. Später hat er der Kirche geistinspirierte Evangelien und Apostelbriefe geschenkt. Danach, in den Verfolgungszeiten, hat er der Kirche zu ganz wunderbarer Leidensbereitschaft  geholfen. Danach hat er der Christenheit die großartigen Gottesdienstordnungen geschenkt, vor allem die östliche Chrysostomosliturgie und die westliche lateinische Messe. Auch die großartigen Werke der altkirchlichen Theologie sind ein Werk des Heiligen Geistes. Für die spätere Zeit kann man auf die Lutherbibel verweisen und die evangelischen Choräle - auf die H-moll-Messe und viele andere kirchenmusikalische Stücke.

Es war Gottes Wille, daß der Heilige Geist zu verschiedenen Zeiten verschiedene besondere Werke hervorgebracht hat. Es gibt allerdings auch Werke des Geistes, die zu allen Zeiten gleich sind, sie sind nur nicht so spektakulär wie Zungenrede und Prophetie.

Wenn Paulus im Zusammenhang mit der Firmsalbung davon spricht, daß wir „befestigt“, das heißt: im Glauben gefestigt worden sind (2.Kor 1,21), so ist damit offenbar eine Hilfe des Heiligen Geistes gemeint, die durch alle Jahrhunderte hindurch bei jeder Firmung gleich geblieben ist. Oder wenn Johannes von der Firmsalbung schreibt, daß sie uns lehrt (1.Joh 2,27), so ist damit ohne Zweifel die unspektakuläre, zu allen Zeiten gleichbleibende Hilfe des Firmsakraments gemeint.

Übrigens bezeichnet Jesus den Heiligen Geist dreimal als einen „Geist der Wahrheit“ (Joh 14,17 / 15,26 / 16,13). Das heißt: Ein besonders wichtiges Werk des Heiligen Geistes ist es, uns die Augen zu öffnen über uns selbst, daß wir erkennen, daß wir Sünder sind. Zugleich verkündet uns der Geist der Wahrheit, daß Jesus Christus unser Heiland und Erlöser ist. So hilft er uns zu Glauben, Buße und Vergebung - ganz unspektakulär, aber heilsnotwendig! Der kurze Augenblick, in dem ein Sünder sich zu Jesus Christus bekehrt, ist wichtiger als ein ganzes Leben voll Zungenredens und Prophetie.

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Die besonderen Werke des Heiligen Geistes können also durch die Jahrhunderte sehr verschieden sein. Die normalen Werke sind jedoch zu allen Zeiten gleich: Der Heilige Geist bewirkt Erkenntnis der Sünden und Glauben an Jesus Christus.

Nun ist der Heilige Geist keineswegs nur in der Firmung tätig. Ein ganz besonders wichtiges Wirkungsfeld des Geistes ist die Predigt, aber auch der Konfirmandenunterricht, die Bibelstunde, der Kindergottesdienst, die Glaubensunterweisung der kleinen Kinder durch die Mütter und überhaupt jede Art von Weitergabe des Glaubens. Der Heilige Geist wirkt aber auch - oftmals besonders stark - beim privaten Bibellesen, wie er uns auch stärkt durch das Abendmahl und den gottesdienstlichen Segen.

In allen diesen Dingen wirkt der Heilige Geist mit seiner  allmächtigen und hilfreichen Kraft. In der heiligen Firmung aber nimmt der Geist als eine Person der hochheiligen Trinität bleibend in uns Wohnung. Er bewirkt damit zugleich eine große zusätzliche Glaubensstärkung, wobei der 1. Johannesbrief die Hilfe der Firmung besonders im Abwehrkampf gegen die Irrlehre hervorhebt.

Wer über unsere evangelische Kirche Bescheid weiß, kann nur mit Kummer feststellen, wie tief die Irrlehre der sogenannten historisch-kritischen Theologie in unsere Kirche eingebrochen ist. Diese Art von Theologie glaubt an fast nichts mehr, nicht an die Jungfrauengeburt Jesu, nicht an seine Auferstehung und Himmelfahrt, nicht an ein Jüngstes Gericht, nicht an den Himmel und an die Hölle. Vielleicht wären wir von dieser Theologie verschont geblieben, wenn wenigstens die Theologiestudenten alle gefirmt worden wären. Natürlich wäre es noch besser, jedes einzelne Gemeindeglied wäre gefirmt und gestärkt für den Abwehrkampf gegen die ganze Gottlosigkeit unserer modernen Zeit.

 

Gott in uns

Wenn es nicht in der Bibel stände, könnte und dürfte man es nicht glauben, daß Gott der Heilige Geist durch die Firmung in unseren Herzen wohnt. Aber die Bibel ist eindeutig und klar. Auf den folgenden Vers aus dem 1. Korintherbrief habe ich ja schon hingewiesen:

Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?
(1.Kor 3,16)

An anderer Stelle wiederholt der Apostel Paulus diese Aussage noch einmal mit fast den gleichen Worten:

Oder wisset ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist, welchen ihr habt von Gott, und seid nicht euer eigen?
(1.Kor 6,19)

Die Wiederholung zeigt, daß wir es mit einem besonders wichtigen Wort der Heiligen Schrift zu tun haben. Daß es aber tatsächlich die heilige Firmung ist, durch die der Heilige Geist in uns wohnt, bestätigt das folgende Jesuswort:

Und ich will den Vater bitten, und er wird euch einen andern Tröster geben, daß er bei euch sei ewiglich: den Geist der Wahrheit, welchen die Welt nicht kann empfangen, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr aber kennet ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.
(Joh 14,16+17)

 

Wenn man sich immer wieder klar macht, daß der Heilige Geist in uns wohnt, wird man schon allein durch dieses Bewußtsein vor vielen Sünden bewahrt werden. Andererseits kann der Christ in vielen Nöten Trost empfangen durch das feste Wissen: Gott wohnt in mir. Wir sind geschützt vor dem Gedanken, als ob Gott aus unendlicher Ferne auf die Menschen herniederschaut, ohne an ihren Nöten und Leiden Anteil zu nehmen. Wenn Gott der Heilige Geist, der in mir wohnt, mein Gebet nicht erhört, so muß es dafür einen gnädigen Grund geben.

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Nun könnte vielleicht jemand einwenden: Die Firmung ist überflüssig, denn Gott wohnt ja schon durch das heilige Abendmahl in unseren Herzen. Die Antwort darauf lautet: Es geht bei beiden Sakramenten um zwei verschiedene Arten von Gemeinschaft. Das Abendmahl ist auf Wiederholung angelegt, gefirmt wird man aber nur einmal. Demnach schenkt uns das Abendmahl eine andere Gemeinschaft mit Gott als die Firmung. Wo der Unterschied liegt, kann uns ein Vergleich mit der Ehe zeigen.

In der Ehe gibt es eine alltägliche und eine besondere Gemeinschaft. Man spricht ja von der doppelten Gemeinschaft von „Tisch und Bett“. Zur alltäglichen Gemeinschaft gehören die gemeinsame Wohnung, das gemeinsame Essen, die gemeinsamen Freunde, die gemeinsamen Unternehmungen, das alltägliche Gespräch. Daneben gibt es jedoch die ganz besondere Gemeinschaft der ehelichen Liebe. Die Gemeinschaft des Tisches wird durch die Hochzeit einmalig begründet und stetig fortgesetzt, die Gemeinschaft des Bettes wird immer wieder neu vollzogen. So ähnlich verhalten sich auch Firmung und Abendmahl zueinander.

Die Firmung vermittelt uns eine schöne, sozusagen „alltägliche“ Gemeinschaft mit Gott. Das Abendmahl schenkt uns immer wieder - allerdings nur für eine begrenzte Zeit - eine ganz besonders intensive Gemeinschaft mit Gott.

Wie in der Ehe beide Arten der Gemeinschaft zusammengehören, so gehören auch Abendmahl und Firmung zusammen. Der Geist, der durch die Firmung in uns wohnt, lehrt uns, auch das Abendmahl immer noch tiefer und inniger zu verstehen; und der Sohn Gottes, der in der heiligen Kommunion immer wieder neu zu uns kommt, stärkt auch immer wieder unseren Glauben an die heilige Firmung.

 

Geweihtes Öl

Das Öl, das zur Firmung verwendet wird, heißt „Chrisam“. Es besteht aus einer Mischung von normalem Olivenöl und Balsam.Bevor man es zur Firmung gebraucht, muß es geweiht werden. Im Hochkirchlichen Apostolat St.Ansgar benutzen wir das alte, lange, lateinische Weihegebet, allerdings in deutscher Übersetzung. Die Kernstelle dieses Weihegebetes lautet:

... So bitten wir Dich denn flehentlich, Herr, heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott / durch Deinen Sohn, unsern Herrn Jesus Christus: Heilige dieses Öl durch Deinen huldreichen Segen / und mische ihm bei die Kraft des Heiligen Geistes / durch die mitwirkende Macht Christi, Deines Sohnes ...

Schon das Alte Testament und die alte Kirche kennen die Chrisamweihe. So heißt es in der Kirchenordnung des Hippolyt:

Zum festgesetzten Zeitpunkt (vor) der Taufe soll der Bischof das Danksagungsgebet über das Öl sprechen und es in ein Gefäß giessen. Es ist dies das „Öl der Danksagung“.
(TA 46,3a)

Hier wird das Chrisamöl als „Öl der Danksagung“ bezeichnet, aber das ist nur ein anderer Name für das gleiche Öl.

Im Alten Testament ist mehrfach von „heiligem“ Öl die Rede:

Und der HERR redete mit Mose und sprach: Nimm dir die beste Spezerei ... und eine Kanne Olivenöl. Und mache daraus ein heiliges Salböl ... Eine heilige Salbe soll mir dies Öl bei euren Nachkommen sein.
(2.Mose 30,22-31)

... bis der Hohepriester stirbt, den man mit dem heiligen Öl gesalbt hat.
(4.Mose 35,25)

Ich habe gefunden meinen Knecht David, ich habe ihn gesalbt mit meinem heiligen Öl.
(Ps 89,21)

Wie kann aus normalem Öl ein heiliges Öl werden? Die Antwort ist klar: Das Öl muß geweiht werden. Nun gibt es erstaunlicher Weise immer wieder evangelische Theologen, die grundsätzlich bestreiten, daß es geweihte Dinge gibt. Die Weihe von leblosen Gegenständen sei eine abergläubische Praxis. Demnach kann es auch kein geweihtes Firmöl geben.

Über eine solche Meinung kann man sich nur wundern. Gott selber hat im Alten Testament die Weihe vieler Gegenstände angeordnet. Gott wird doch keinen Aberglauben anordnen?! So befielt Gott dem Mose beispielsweise folgende Weihen:

Und du sollst das Salböl nehmen und die Wohnung (= die Stiftshütte) und alles, was darin ist, salben und sollst sie weihen mit ihrem ganzen Gerät, daß sie heilig sei. Und du sollst den Brandopferaltar salben mit seinem ganzen Gerät und weihen, daß er hochheilig sei. Und du sollst auch das Becken und sein Gestell salben und weihen.
(2.Mose 40,9-14)

Wenn es also schon im Alten Testament geweihtes Öl gab und wenn auch die alte Kirche das Firmöl geweiht hat, dann kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, daß schon die Apostel geweihtes Chrisam gebraucht haben - ja, daß diese Weihe schon von Jesus gewollt und angeordnet worden ist.

 

Wer hat die Vollmacht?

Nach der Lehre der Kirche kann jeder Christ gültig taufen. Beim Abendmahl ist es in unserer evangelischen Kirche strittig, wer einen gültigen Wandlungssegen vollziehen kann. Konservative Theologen glauben, daß nur der ordinierte Pfarrer ein gültiges Abendmahl einsetzen kann. Andere meinen, daß jeder Christ das Abendmahl einsetzen könne, es sei nur eine Frage der Ordnung, daß dies normalerweise nur durch den Pfarrer geschehe. Wir wollen diese Streitfrage an dieser Stelle auf sich beruhen lassen und uns der Frage zuwenden, wer die Vollmacht zur gültigen Firmung hat.

Die Bibel sagt dazu nichts, außer daß sie berichtet, daß der Diakon Philippus zwar viele Samaritaner getauft hat, daß aber zur Firmung die Apostel aus Jerusalem angereist sind (AG 8,5-27). Das legt den Schluß nahe, daß Philippus zwar taufen, aber nicht firmen konnte. Das ist denn auch die einhellige Sicht der alten Kirche: Weder ein einfacher Christ noch ein Diakon können firmen; als Nachfolger der Apostel haben die Bischöfe die Vollmacht zur Firmung.

Wie steht es aber mit der Vollmacht der Pastoren? In dieser Frage ist die alte Kirche uneinig. So erklärt beispielsweise der altkirchliche Theologe und Bibelübersetzer Hieronymus:

... der Getaufte, nur durch die Hände des Bischofs empfängt er den Heiligen Geist.
(PL 23,172f.)

Demnach hat ein Pastor keine Vollmacht zur Firmung. In der selben Richtung äußert sich auch eine spanische Synode, die selbst bei Todesgefahr an der alleinigen Firmvollmacht der Bischöfe festhielt. War ein Bischof nicht erreichbar, mußte der Getaufte notfalls ohne Firmung sterben:

Der Bischof muß sie (die Getauften) durch den Segen vervollkommnen. Wenn diese jedoch zuvor aus der Welt scheiden, kann ein jeder durch den Glauben, auf den er sich verlassen hat, gerecht werden.
(Conc. Elib. can. 77)

Besonders ausführlich äußert sich Papst Innozenz I. zur Frage der Firmvollmacht, wobei er nach altkirchlichem Sprachgebrauch das Bischofsamt als „Hohepriestertum“ bezeichnet:

Bezüglich der Firmung der Kinder jedoch ist es sicher, daß sie von niemand, außer vom Bischof, vorgenommen werden darf. Denn obschon die Priester auf der zweiten Stufe der Priesterweihe stehen, so haben sie doch nicht die Würde des Hohenpriestertums. Daß aber dieses Hohepriestertum den Bischöfen allein zusteht, zu firmen oder den Tröster, den Geist, auszuspenden, beweist nicht nur die kirchliche Gewohnheit, sondern auch jene Stelle der Apostelgeschichte, welche sagt, Petrus und Johannes seien abgesandt worden, um den schon Getauften den heiligen Geist mitzuteilen.

Es gibt aber auch andere Äußerungen in der alten Kirche. Da ist vor allem die sehr alte Gewohnheit der Ostkirche zu nennen, nach der die Priester selber gleich nach der Taufe die Firmsalbung vornehmen, wobei sie allerdings bischöflich geweihtes Öl verwenden müssen.

Wahrscheinlich hat eine gewisse Not zu dieser Praxis geführt. Es gab zu wenig Bischöfe um alle neugetauften Christen sogleich auch firmen zu können. So mußte man sich entscheiden, ob man die Firmung zunächst aufschob, um sie bei günstiger Gelegenheit durch den Bischof nachzuholen, oder ob man eine Art „Notfirmung“ durch die Pastoren zuließ. Dabei muß die Frage erlaubt sein, ob die Firmung durch einen Pastor wirklich den ganzen Segen dieses Sakramentes vermittelt. Das heißt: Wenn irgend möglich, sollte die heilige Firmung von einem Bischof in apostolischer Sukzession vollzogen werden.

 

Bischöfe in der Nachfolge der Apostel

Im 2. Timotheusbrief erinnert der Apostel Paulus seinen Schüler Timotheus an dessen Ordination:

... ich erinnere dich, daß du erweckest die Gabe Gottes, die in dir ist durch die Auflegung meiner Hände.
(2.Tim 1,6)

Ähnlich wie bei der Firmung gibt es auch bei der Ordination eine segnende Handauflegung, nur daß das Gebet dabei ein anderes ist. Timotheus ist also von Paulus ordiniert worden und hat dabei eine „Gabe“ erhalten. Diese Gabe nennt man auch „Charisma“ oder „Amtscharisma“. Es handelt sich um eine bestimmte Kraft des Heiligen Geistes, die der Ordinierte als Pastor oder Bischof braucht, um selber einen gültigen Segen erteilen zu können, oder wozu sonst eine besondere Kraft des Heiligen Geistes nötig ist.

Von dieser „Gabe“ ist auch im 1. Timotheusbrief die Rede:

Laß nicht außer acht die Gabe in dir, die dir gegeben ist durch Weissagung mit Handauflegung der Ältesten.
(1.Tim 4,14)

Mit der „Weissagung“ ist wahrscheinlich das vollmächtige Ordinationsgebet gemeint. Jedenfalls ist auch hier von jenem „Charisma“ die Rede, das durch die segnende Handauflegung bei der Ordination vermittelt wird. Wenn Paulus zweimal auf dieses Charisma zu sprechen kommt, so zeigt das, daß es sich um eine wichtige Sache handelt.

Leider glaubt die evangelische Theologie nicht an ein Amtscharisma. Es wird bei den evangelischen Ordinationen auch keines erbeten und keines vermittelt. Die evangelischen Pastoren und Bischöfe sind also Hirten ohne Amtscharisma. Sie sind nach ihrem eigenen Glauben nichts anderes als getaufte Christen in einem kirchlichen Amt.

Es gibt nur wenige evangelische Pastoren, die das anders sehen. Sie wissen, daß es beispielsweise zur Einsetzung des heiligen Abendmahls eine besondere Segensvollmacht braucht. Sie haben sich in kleinen Gruppen zusammengetan und sich bemüht, wenigstens für ihre Gruppen wirkliche Bischöfe in apostolischer Sukzession zu bekommen.

Die „apostolische Sukzession“ bedeutet, daß immer ein vollmächtig geweihter Bischof einen anderen zum Bischof geweiht und damit das Amtscharisma in einer langen Kette von Handauflegungen von der Zeit der Apostel bis heute übertragen hat. Solche Bischöfe in apostolischer Sukzession gibt es in der katholischen und in der orthodoxen Kirche und - Gott sei Dank! - seit einiger Zeit auch in der kleinen hochkirchlichen Bewegung innerhalb der evangelischen Kirche. Diese hochkirchlichen Bischöfe können auch gültig firmen. Noch einmal: Gott sei Dank!

Wenn jemand interessiert ist, die bischöfliche Sukzessionsliste des Hochkirchlichen Apostolats St.Ansgar einzusehen, so findet er sie hier.

 

 

 

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